Für jeden Sammler oder Uniformforscher sind die Entwicklungen der Tarnuniformen und die der getarnten Ausrüstungsteile der bewaffneten Verbände der DDR eine spannende Herausforderung. In anderen Rubriken unserer Webseite sind wir bereits auf einige der epochalen Entwicklungsstufen, den Form,-Farb- & Schnittvarianten und die bekannten Verwendungszwecke eingegangen.
Wie bereits auch schon an anderer Stelle hier bei uns ausgeführt, gibt es noch einige unerforschte, für uns heute sicher rätselhafte Entwicklungen . Insbesondere die parallelen Entwicklungen und die zeitgleiche Produktion der Flächentarn -& Strichtarnuniformen in der Mitte der 60ziger Jahre, bedürfen weiterer Forschungen.
Mit unserem heutigen Wissensstand sehen wir die Hauptursache für diesen Umstand in den tatsächlichen ökonomischen Möglichkeiten und Realitäten der DDR Wirtschaft dieser Zeit. Der Wunsch der NVA Führung ab 1964 nach einer neuen , einheitlichen und zeitgemäßen Uniform, der Strichtarnuniform, kollidierte offensichtlich mit dem für den Zeitraum von 1963 bis 1970 von der Staatsführung verabschiedeten "Perspektivplan" für die DDR Volkswirtschaft. Mit diesem Planungsinstrument wurden den DDR Betrieben Produktionsvorgaben für einen doch recht langen Zeitraum aufdiktiert und es wurden die zur Erfüllung notwendigen materiellen und finanziellen Resourcen zugeteilt. Für die damaligen Staats- & Parteiführung hatte die Stärkung der Landesverteidigung ohne Zweifel hohe Priorität, aber die eingeschränkten ökonomischen Möglichkeiten waren halt Realität.
Dieser "Perspektivplan" mit seinem Zeitlauf über sieben Kalenderjahre hinweg, scheint auch der wahre Grund für die paralle Produktion von zwei Tarnmustern für die bewaffneten Formationen der DDR zu sein. Das zeitgleiche umfassende Produktionsende der Flächentarnuniformen und das Ende des "Perspektivplanes" im Jahre 1970 sind schon auffällig.
Ein weiterer Aspekt ist die Betrachtung der DDR Wirtschaftsstruktur dieser Epoche. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden durch die sowjetische Militärverwaltung zahlreiche Großbetriebe auf dem Gebiet der späteren DDR ab 1946 beschlagnahmt und enteignet. Es begann eine großangelegte Demontage u.a. von wertvollen Betriebsausrüstungen als Reparationsleistungen und der Abtransport in die Sowjetunion. Dieser Umstand schwächte u.a. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der 1949 gegründeten DDR erheblich. Dazu kam noch, dass viele größere Betriebe fast ausschließlich in den 50ziger Jahren für die Sowjetunion produzierten. Die Basis der DDR Konsumgüterproduktion der 50 & 60 ziger Jahre bildeten die noch zahlreichen privaten oder halbstaatlichen Kleinbetriebe. Ihre Produktionsflexibilität und hohe Produktivität wurden auch in der Ära Pieck und Ulbricht durchaus geschätzt und gefördert. Die Vergabe von Staatsaufträgen an Privatbetriebe im Rahmen der militärischen Aufrüstung ab 1956 waren also für die damalige Staatsführung kein ideologisches Hinderniss und sicher bei den Betriebsführern auch sehr willkommen. Aber es gab eben auch noch ein anderes rechtliches Vertragsverständnis zwischen den Geschäftspartnern Staat und Unternehmer, welches sich eher am alten Bürgerlichen Gesetzbuch orientierte und nicht durch schnelle Parteivorgaben verändert werden konnte. Es liegt also auf der Hand, dass zahlreiche dieser Betriebe zwischen 1958 und 1963 langfristige Verträge zur Fertigung der Flächentarn Bekleidung und Ausrüstung mit den staatlichen Auftraggebern abgeschlossen hatten. Diese Verträge ließen sich also nicht so einfach lösen ohne das Risiko von Vertragsstrafen einzugehen . Auch die knappen Rohstoffkontingente haben sicher die Verantwortlichen in der DDR Wirtschaftsführung und in der NVA dazu bewogen, die zeitgleiche Produktion von zwei Tarnmustern zu akzeptieren. Bevor man kapazitätsbedingt zu wenig Tarnbekleidung für die Soldaten gehabt hätte, begnügte man sich pragmatisch mit dem Möglichem .
Unter der Bezeichnung "Spezialgewebe F1/F2" wurde in der DDR der Grundstoff für die Strichtarn Bekleidung und Ausrüstung gefertigt. Als F1 wurde zweiseitig bedrucktes Gewebe ( z.b. für Zeltbahnen) bezeichnet. Als F2 wurden einseitig bedruckte Strichtarnstoffe für Uniformen geführt. Belegbar ist, das mindestens ab 1968 der spätere VEB Technische Textilien Meerane der alleinige Hersteller dieser Stoffe war. Dies belegen erhalten gebliebene jährliche Prüfberichte des "Spezialgewebes" für den Zeitraum 1968 bis 1980. Im Jahre 1970 wurde o.g. Betrieb aus dem VEB Segeltuch-Industrie Meerane, dem VEB Filz-& Filtertuche Rodewisch, dem VEB Baumwollweberei Meuselwitz und dem VEB Faserwerk Mühlanger durch Zusammenschluß gebildet. Etwas später wurden noch der VEB Filtertuchfabrik Gera und der VEB Tuchfabrik Saxonia Leisnig angegliedert. Der Betrieb in Meerane hatte also eine Art Kombinatsfunktion ab den 70ziger Jahren.
Im VEB Cowaplast-Werke Coswig/Sa. wurde einseitig gummierter Tarnstoff produziert. Hier unter der Bezeichnung TC 88. Das Material fand z.B. Verwendung bei der Herstellung von Magazin- & Teil 1 Taschen. Der Betrieb fertigte u.a. auch unter dem Materialnamen "Gambiten" die wasserabweisenden Gewebeverkleidungen für die DDR Fahrzeugindustrie. An den Innentüren von Trabant, Wartburg, W50 und ZT fand es z.B. Verwendung.
Die Firma G.Gebler & Sohn aus Bretnig ist einer der
typischen Kleinbetriebe der DDR, welcher durch die Kriegsproduktion im 3.
Reich über das Knowhow verfügte, für damalige Zeiten hochwertige Planen fertigen zu können. Das Unternehmen verwendete verschiedene Stempel- siehe weiter unten.
Stempel auf einer Zeltbahn der Bekleidungsfabrik Paul Einecke KG Dresden
Bemerkenswert ist, dass es in dem kleinen sächsischem Ort Bretnig gleich vier Produktionsstätten gab. Hier ein Zeltbahnstempel von 1961 der Firma T.F. Gebler. Die Archivunterlagen aus Meerane weisen für das Jahr 1971 die Kooperation/Übernahme auch dieses Unternehmens aus.
Zeltbahnstempel von 1961 Hersteller ist hier Firma Stengel & Co. aus Ronneburg in Thüringen. Dieser Betrieb fertigte unter anderem auch Zeltgaragen für die Trabantmodelle.
Zeltbahnstempel von 1961. An diesem Stück ist die Stempelung "Eibau" von Interesse. Es könnte ganz harmlos der Name des Kontrolleurs sein, der sich hier verewigt hat. Es könnte aber auch tatsächlich ein Herstellerstempel sein. In Eibau-Walddorf in Sachsen gab es die Fa. Weberei H. Rudolph. Diese fertigte nachweislich 1944 für die Wehrmacht Decken, Zeltbahnen und Rucksäcke!???
Neue Tabelle
Oben eine Zeltbahn des VEB Vereinigte Leipziger Sattler-& Lederwarenfabriken aus Taucha, Weststraße
Bei unseren Recherchen konnten wir bisher folgende Firmen dieser Zeit ermitteln, die im dringenden "Verdacht" stehen, Tarnstoffe oder Ausrüstung für die bewaffneten Formationen der DDR gefertigt zu haben.
Firmenname
Produktionsart
Fa. Carl Ramig KG Treuen
Bisher unbekannt
Obercrinitzer Baumwollzwirnerei Paul Meyer & Söhne KG
Bisher unbekannt
Fa. Metzler & Pilz KG Roßwein
Bisher unbekannt
F.G. Hertwig KG Hainichen
Bisher unbekannt
F.G.Beyer KG Hainichen
Bisher unbekannt
H.L. Wolf KG Crimmitschau
Bisher unbekannt
P.Kirbach & Söhne KG Pappendorf
Bisher unbekannt
F.G. Horn & Sohn KG Bretnig
Bisher unbekannt
G.Gebler & Sohn Bretnig
Zeltbahnen
T.F.Gebler Bretnig
Zeltbahnen
Bruno Lennert Bretnig
Zeltbahnen
E.Pampel & Co. KG Pulsnitz
Bisher unbekannt
Fa. Wilhelm Kalauch jr. Cunewalde
Bisher unbekannt
Weberei Th.Zacharias KG Mulda
Bisher unbekannt
Paul Einecke KG Dresden
Zeltbahnen
Weberei H.Rudolph Eibau-Walddorf
Zeltbahnen ?
Fa. Stengel Ronneburg/Th.
Zeltbahnen
C.G. Hoffmann Neugersdorf
Bisher unbekannt
VEB Vereinigte LeipzigerSattler-& LederwarenfabrikenTaucha Weststraße